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Gründonnerstag: Warum der Veggietag es zu gut mit uns meint

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Die  Kampagne „Donnerstag ist Veggietag“ ruft zu einem fleischfreien Wochentag auf. Ziel ist die Verbesserung der persönlichen Gesundheit und die der Anderen, des Klimaschutzes und des Tierschutzes. Auch vor öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Mensen oder städtischen Kantinen macht die Bewegung nicht Halt. Damit geht sie aber einen Schritt zu weit.


Vegetarier sind die besseren Menschen. Durch den Verzicht auf Fleisch schonen sie nicht nur Umwelt und die eigene Gesundheit, sondern tragen ganz nebenbei auch zum Tierschutz und zur Linderung von Hungersnöten in Entwicklungsländern bei, könnte man manchmal denken (Argumente dafür prüfte mein Autorenkollege Philipp Lürwer auf diesem Blog). Je mehr Personen mitmachen, desto höher der Nutzen. So setzen sich verschiedene Initiativen für die Einführung eines fleischlosen Wochentages ein. In Deutschland hat sich dabei vor allem die Kampagne „Donnerstag ist Veggietag“ des Vegetarierbundes Deutschland e.V. etabliert, die dazu aufruft, an jedem Donnerstag auf Fleisch zu verzichten.

So weit, so ökologisch – doch die Sache hat einen Haken. Teilnehmende Städte der Kampagne setzen den Veggietag nämlich sehr unterschiedlich um. Dabei reicht die Bandbreite von Informationskampagnen über die Vorteile des Fleischverzichts bis hin zu angepassten Mittagsangeboten in Restaurants, Firmenkantinen und öffentlichen Einrichtungen wie Rathäusern, Schulen und Mensen.

Sollte sich nun also mein Lieblingsrestaurant oder meine Firmenkantine entschließen am Veggietag teilzunehmen, wäre das sicher ärgerlich. Wer schon einmal einen Job hatte, bei dem der mittagliche Kantinengang einfach dazugehört, weiß wie theoretisch die Möglichkeit ist, jeden Donnerstag den Speiseplatz zu wechseln. Daran ändern könnte ich jedoch trotzdem etwas. Schließlich kann ich mir sowohl mein Restaurant, als auch meinen Arbeitgeber selber aussuchen.

Wenn sich nun aber auch noch meine eigene Stadt gegen mich wendet und den Veggietag zur Pflicht macht, wird es eng. Denn dann habe ich nicht nur als Schüler oder Student weniger Wahlfreiheit in Sachen Mittagsangebot, sondern in jeglicher Hinsicht Bedenken, wenn meine Stadt beginnt, sich für meine Ernährung zu interessieren.

Dazu muss man wissen, dass Veggietage oft mitnichten rein vegetarisch sind. Vielmehr wird das Mittagsangebot so angepasst, dass zum Beispiel ein Schnitzel mehreren vegetarischen Gerichten gegenübersteht.

So wird aber nicht die vielgelobte Freiwilligkeit des Veggietags gewahrt. Vielmehr versucht hier neben privaten Kantinen eben auch der Staat die Entscheidung der Konsumenten durch sogenanntes „nudging“ in seinem Sinne zu beeinflussen.

Anstatt sich auf sinnvolle Informationskampagnen zu beschränken, wird Verbrauchern so auch schon in jungen Jahren die Wahl abgenommen, sich bewusst für ein gesundes Gericht zu entscheiden. Das verhindert nicht nur wichtige Lernprozesse, sondern zieht auch kurzfristig “ungewünschte” Konsequenzen nach sich. Wie etwa, wenn jeden Donnerstag Horden von Schülern nach Schulschluss zur Fastfood-Kette ihres Vertrauens pilgern, um ihren (unerklärlichen?) Heißhunger auf Fleisch zu stillen, oder sich aus Trotz erst recht einen Burger mehr bestellen.

Nun ließe sich einwenden, dass das Mitspracherecht von Kantinenkunden am Mittagsmenü auch vor Veggietag-Zeiten relativ begrenzt war. Meistens orientiert sich ihr Angebot nämlich schlicht am Prinzip, es möglichst vielen Kunden an möglichst vielen Tagen der Woche rechtmachen zu wollen. Glaubt man einer nicht repräsentativen Umfrage von Spiegel-Online, liegt der Veggietag damit voll im Trend. Die Umfrage wird von der Kampagne „Donnerstag ist Veggietag“ in einer Stellungnahme nämlich so interpretiert, dass über 50 Prozent der Befragten die Einführung eines bundesweiten fleischfreien Tages, an dem in öffentlichen Einrichtungen und Kantinen gänzlich auf Fleisch verzichtet wird, begrüßen. Das 39,49 Prozent die Frage mit „Eher nicht. Ich lasse mich nicht bevormunden und möchte selbst entscheiden“ beantworteten, wird nicht erwähnt.

Fazit: Der Veggietag ist eine gute Idee, die es aber zu gut mit uns meint. Die Vorzüge eines fleischfreien Lebens liegen auf der Hand, aber ich möchte selbst entscheiden können, ob ich sie für mich nutze. In seiner jetzigen Form ist der Veggietag nicht nur bevormundend, sondern oft auch kontraproduktiv, da er Betroffenen zumindest einmal die Woche die Möglichkeit nimmt, sich wirklich frei und bewusst gegen Fleisch zu entscheiden.

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